Valérie Favre (Frankreich/Schweiz/Deutschland) im Gespräch mit der Künstlerin Anna Schapiro (Russland/Deutschland).
Künstlergespräch [Livestream] am 12. November 2020
Valérie Favre (Frankreich/Schweiz/Deutschland) im Gespräch mit den Künstler*innen Asana Fujikawa (Japan/Deutschland) und Driss Ouadahi (Algerien/Deutschland).
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Valérie Favre im Gespräch mit Thomas Macho, Kulturwissenschaftler/Philosoph, Direktor des Internationalen Forschungszentrums Kulturwissenschaften, Wien und Geraldine Spiekermann, Kunsthistorikerin, Universität Potsdam.
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Wir malen Bilder in einer Technik die sich DECALCOMANIE = ABKLATSCHTECHNIK / Abziehbild nennt. Zufällig entstehende Strukturen, Farbkleckse, Verwischungen inspirieren uns.
Man bestreicht ein glattes Blatt Papier mit flüssiger Farbe und legt einen Papierbogen oder eine Glasscheibe darauf. Dann schiebt man den Papierbogen oder die Glasscheibe hin und her und hebt sie ab. So entstehen Farbverläufe.
Nachdem die Farbe getrocknet ist, entlocken wir den Zufallsbildern mit einem Fineliner fantastische Dschungeltiere, Monster oder andere Skurrilitäten. Schaut mal auf die Farbflächen und sucht nach Augen oder Mündern. Seid so verrückt wie möglich!
Wir spielen hier mit dem doppelten Zufall; denn nun kommt unser GLÜCKSRAD zum Einsatz. Es bestimmt unser Thema (z.B. Monstertiere im Dschungel) und die Farben, die wir im Bild benutzen dürfen. Gerne könnt ihr Euer Farbrad auch mehrmals für ein Bild drehen um Farben zu mischen.
Übrigens war der bekannte Künstler MAX ERNST ein großer Anhänger der Zufallstechnik. Schaut euch mal seine Monster und andere Gestalten an.
Der Maler GERHARD RICHTER bestimmte die Anordnung seiner Farbtafeln BILD 4096 mit dem Zufallsgenerator.
Genau wie VALÈRIE FAVRE, die sich durch das Glücksrad unterstützen lässt.
Es wird benötigt:
natürlich euer Glücksrad
glattes Zeichenpapier (z.B. Rückseite von Kalenderblättern)
Tuschkasten, Pinsel
Fineliner schwarz
Glasplatte, wenn ihr habt
LOS GEHT’S:
Zuerst drehe Ich das Glücksrad mit der Themenscheibe.
MONSTERPARTY
Danach lasse ich den Zufall die Farbgebung festlegen.
ORANGE
ROT
Prima, das lässt sich gut mischen. Zuerst trage ich also flüssiges ORANGE auf mein Papier und dann tropfe ich ROT darauf.
VOilA
Anderes Papier drauflegen, ausstreichen und abziehen.
Wir bauen ein Glücksrad und setzen dessen Handlungsanweisungen in Zeichnung und Malerei um.Ab Klasse 5
In der Galerie Pankow könnt ihr z.Zt. die Ausstellung
VALERIE / PLATFORM / EXIL sehen und zusätzliche Veranstaltungen besuchen. Aus bekannten Gründen leider nur virtuell.
Die Künstlerin Valerie Favre setzt sich mit dem Thema Exil (= langfristiger Aufenthalt außerhalb des Heimatlandes, das aufgrund von Ausbürgerung, religiöser / politischer Verfolgung durch den Staat u. Ä. verlassen wurde) in Malerei, Zeichnung und Gesprächen mit geladenen Künstlern auseinander.
Hier seht ihr Valèrie bei der Arbeit.
La Poulinière ist eine Apparatur, ein Glücksrad, das die Künstlerin schon lange begleitet und auf Zufall beruhende Vorgaben für Malerei, Zeichnungen und Dichtungen erstellt – natürlich auch in dieser Ausstellung. Dieses Glücksrad hat sie für das große Bild oben benutzt.
La Poulière – Das Glücksrad
Von Valerie Favre gestaltet und mit vielen unterschiedlichen Scheiben versehen, wird hier das Rad zum Mitspieler bei der Gestaltung ihrer Werke.
Unterschiedliche Scheiben mit Arbeitsanweisungen (z.B. wird die Farbe vorgegeben oder die Arbeitszeit).
In abgewandelter Form bauen wir unser EIGENES GLÜCKSRAD und können dann vielleicht folgende Frage beantworten: Inwieweit spielt der Zufall in der künstlerischen Arbeit eine Rolle?
Dem Zufall auf der Spur
Wie in einem Spiel drehen wir das Glücksrad und malen ein Bild nach den Anweisungen der jeweils eingelegten Scheibe.
Los geht’s !
Glücksrad basteln / Bauanleitung
Das benötigt ihr:
Farbkasten / Buntstifte
Borstenpinsel
Fasermaler
leerer ausgewaschener Joghurtbecher
kleine Schraube mit passendem Schraubendreher / Vorbohrer
Kork- oder Styroporplatte
Schere
Kleber
2 unterschiedlich große Teller
Pappe
Bleistift oder alten Fineliner (als Achse)
So wird es aussehen:
Nun stellen wir als erstes die Scheiben her:
… und schneiden die Scheiben aus.
Jetzt haben wir eine obere kleine Glücksrad-Scheibe und 2 große Scheiben (erkläre ich euch später).
Die kleinere malen wir mit Deckfarbe SCHWARZ an.
Und nach dem Trocknen wird ein Pfeil aufgemalt oder geklebt.
große Scheibe
Die Felder ausmalen. Nehmt eure Lieblingsfarben.
Sie gibt uns später die Farbkombinationen vor.
große Scheibe
… ganz wichtig: Wir lassen den Zufall das Thema bestimmen.
Dazu tragt ihr in die vorgezeichneten Felder eure Themen ein. Ich habe mich für folgendes entschiedenen:
Dschungel mit fantastischen Pflanzen und Tieren
wundersamer Zoo mit Monstertieren
witzige Menschen
Monsterparty
Euch fällt dazu bestimmt viel ein.
So, geschafft !!!
Nun folgt der Zusammenbau des Glücksrades.
Zuerst wird der Joghurtbecher mit der kleinen Schraube in der Mitte auf der Kork- oder Styroporplatte befestigt.
Mit dem Vorbohrer geht es etwas leichter.
Schraube eindrehen. Puh, da braucht man Kraft.
Nun nehmt ihr die Rückseite der bunten Scheibe und zeichnet ungefähr mittig den Durchmesser des Joghurtbechers auf. Diese Linie dient dann als Klebespur zum Aufkleben auf den Joghurtbecherrand. VORHER wird noch ein Loch in die Farbscheibe gebohrt und mit einem Vorbohrer oder Bleistift etwas vergrößert, so dass sich der Bleistift oder Fineliner später darin leicht drehen lässt.
Dann wird die Farbscheibe auf den Joghurtbecher geklebt.
Durchmesser vom Joghurtbecher anzeichnen
Kleber auftragen
Farbscheibe aufkleben
Die kleine schwarze Scheibe mittig etwas anpieksen, den Bleistift/Fineliner drehender Weise hindurch schieben, so dass die kleine Scheibe fest am Stift sitzt.
Fast FERTIG, wir können gleich loslegen; vorher müssen wir noch die andere große Scheibe, so wie wir es mit der Farbscheibe getan haben, bearbeiten.
Dann können wir auch die unterschiedlichen Scheiben (Farbe, Thema) übereinander auf das Rad legen. Je nachdem, welche Arbeitsanweisung wir benötigen (welche Farbe oder die Themenvorgabe). Es ist natürlich auch möglich mehr Scheiben mit Arbeitsanweisungen herzustellen (Zeit, Struktur, linke/rechte Hand, male mit dem Fuß, usw.)
Nun ist das Glücksrad einsatzbereit und kann auf die Scheibe gesetzt werden. Der Stift dient beim drehen als Achse.
In der 2. Folge kommen wir dem Zufall richtig auf die Spur.
Das Glücksrad / Zufallsgenerator bestimmt die Anordnung und die Vorgehensweise beim malen des Bildes.
BILD – TRAUMBILD – TRUGBILD / Das Spiel mit der Wirklichkeit in 2 Teilen
Zu der Ausstellung in der Galerie Pankow
TINA BARA / RECUR 2020
RECUR – sich wiederholen, wiederkehren, wieder auftreten, wiederkommen, wieder passieren, Periodizität
“Die Wiederholung ist Thema, Fragestellung, Suchbewegung, methodische Forschung, prozessorientierter medialer Handlungsraum, Stilmittel, künstlerische Setzung.” Tina Bara
Im 2. Teil der Werkstatt steht das Wunsch- / Trugbild im Vordergrund.
Mit unterschiedlichen Requisiten, Make up, bildnerischer Gestaltung und Verfremdung setzt Ihr Euch ins Bild.
z. B. mit diesen Gegenständen
Es gibt verschiedene Herangehensweisen und Umsetzungen des Themas.
KünstlerInnen wie Cindy Sherman (konzeptuelle Fragen der Identität, Rollenbilder, Körperlichkeit / Verkleidung) , Helmut Newton (Mode- und Portraitfotograf), Helga Paris (Alltagsfotografie in der DDR), Arnulf Rainer (Fotoübermalungen) und natürlich Tina Bara, sind hier stellvertretend genannt.
Es lohnt sich die verschiedenen Positionen zu googeln.
Fotografiert wird mit Kleinbildkameras, Spiegelreflexkamera, Handy, analog / digital, wie Ihr wollt. Gerne könnt Ihr die Fotos auch bildnerisch weiterbearbeiten, s. Arnulf Rainer. Euch sind keine Grenzen gesetzt – zerschneidet die Fotos und setzt sie wieder zusammen, malt Euch eine Krone oder Froschaugen, vervielfältigt Eure Aufnahmen und klebt sie aneinander – WIE WIRKT DAS? – zeigt nur einzelne Körperteile, kombiniert mit Lieblingsstücken, benutzt Spiegel oder Wasser, … .
Legt einfach los, die Ideen kommen beim “TUN”.
Diesmal steht H. alleine Modell. Ich begleite sie wieder mit der Kamera.
Identitätswechsel
Spiel mit Requisiten
Fotoübermalung
oder Schatten…
Im Dialog mit sich selbst.
Ihr habt gesehen, die Selbstdarstellung enthält eine Vielzahl von Möglichkeiten, von sich zu berichten.
Wann wird die Darstellung vom Wunsch- zum Trugbild? Inwieweit manipulieren wir mit Fotografie? Diese Fragen stellten sich auch uns beim Rundgang durch die Ausstellung RECUR. Welches Bild wollen die Abgebildeten von sich vermitteln.
Besucht die sehenswerte Show und taucht ein in das Spiel der Möglichkeiten.
Sicher habt Ihr Anregungen bekommen Euch darzustellen und etwas von Euch zu erzählen.
Viel Spaß beim Ausprobieren !
Natürlich freuen wir uns in der Galerie Pankow wieder über Abbildungen Eurer Werke.
BILD – TRAUMBILD – TRUGBILD / Das Spiel mit der Wirklichkeit in 2 Teilen
Zu der Ausstellung in der Galerie Pankow
Tina Bara / Recur 2020
Der Kern Tina Baras künstlerischer Arbeit ist die Portraitfotografie. In den jeweiligen Serien dokumentiert Bara die Geschichte eines Stück Lebens und Werdens ihrer Protagonisten*innen.Wie sieht und inszeniert sie die Frauen / Freundinnen.
“Ich treffe die verschiedenen Protagonist*innen mehrfach. Biografische Schlaufen, Zufälle, Affekte, verschiedene und immer wieder gleiche Themen werden zu einer Auseinandersetzung, bei der eine intensive Erregung bearbeitet wird. Immer der Körper, die Körper: als Erfahrungsort, als Speicher, als fluide, fragile Transformatoren.” Zitat Tina Bara
Für Euch ist das Thema der Werkstatt eine bewußte Begegnung mit dem fotografischen Portrait oder Selbstportrait – eine Selbstbefragung zwischen Modell und Fotograf*in.
Ihr seid geschult durch die neuen Medien (Instagram, Facebook, Snapchat usw.) und der Umgang mit der Handykamera und dem Zeigen der eigenen Person im Foto oder im Netz ist Normalität. Aber wie wirken Eure Portraitfotos auf den Betrachter?
Die Werkstatt soll trotzdem ein Anlass zur Selbstbefragung werden. Eine kritische, wie auch eine künstlerisch spielerische Hinterfragung.
Handy, digitale Spiegelreflexkamera, Kleinbildkamera, gerne auch analog.
Aus der Hand fotografiert oder vom Stativ, mit oder ohne Partner*in.
Bildbearbeitung mit Programm oder auch von Hand: Collage, Übermalung, Verzerrung, Ausschnittvergrößerung, Farbveränderung, Einsatz der Schere, … es gibt unendlich viele Möglichkeiten Eure Sicht auf Euch selbst oder die Person neben Euch darzustellen. Seid kreativ. Alles ist möglich. Es gibt kein gut oder schlecht richtig oder falsch.
Für mich stellte sich die Frage, wie ich diese Werkstatt bildlich und virtuell umsetzen kann.Keine leichte Aufgabe:
Letztendlich habe ich mich für die Modellvariante entschieden.
Protagonisten sind die Schwestern E. und H. (18 und 16 Jahre alt).
Sie fotografierten sich gegenseitig mit dem Handy und haben sich zum großen Teil für Schwarz/Weiß Fotografie entschieden. Die begleitenden Fotos sind von mir.
Im Workshop I zeigen sie Euch, wie sie jeweils ihre Schwester abbilden.
Bewusst verzichteten sie im ersten Teil der Werkstatt auf eine spielerische Bildbearbeitung und Requisiten und entschieden sich für Aufnahmen in der Natur.
E. und H.
Besuch der Ausstellung RECUR von Tina Bara in der Galerie Pankow.
Mit der Blickrichtung spielen. Der Ausdruck ändert sich. In die Ferne schauen wirkt z.B. sehnsüchtig. Der abgewandte Körper hat auch eine Bedeutung.
Bezugnehmend auf die Serie von Tina Bara “ Frauen auf Bäumen” in der Ausstellung, haben sie sich für das Fotografieren im Park entschieden.
Brainstorming zur Portraitfotografie in der Natur: Wachstum, Verdichtung, Fabelwesen, Natur, Schutz, Geborgenheit, Erde, Luft, Verwurzelung …
Alte große Bäume wurden gefunden, erwiesen sich aber als schwer zugänglich.
Um Schutz zu finden oder sich zu verstecken, muss man erstmal hochkommen.
Perspektive wechseln: Von oben fotografieren, frontal, schräg und von unten.
Das macht Eure Portraits interessant.
Veranschaulichung eines Gefühls: Verbundenheit / Zusammenhalt der Schwestern.
Die Schwestern suchten nach einem Symbol für ihre Verbundenheit.
H. entschied sich später für eine Ausschnittvergrößerung.
Clos-ups von Gesichtern oder einzelne Detailaufnahmen.
E. und H. fanden ein Zeichen für das Leben und gaben die Komposition vor.
Sie verzichteten auf die Ganzkörper Abbildung und geben trotzdem ein Portrait von sich.
Inwieweit beeinflusst die Reduzierung auf die Füße / Schuhe den Inhalt des Bildes?
Empfindet man die schwarzen Schuhe als Bedrohung für die kleine Pflanze?
Ausprobieren verschiedener Positionen und ihre Wirkung auf den Betrachter.
Pure Lebensfreude. H. musste sehr oft in die Luft springen, bis E. mit dem Foto zufrieden war.
Bei der Portraitfotografie kommt das Konzept der Tiefenschärfe zum Einsatz.
Hintergrund verschwommen – Vordergrund deutlich abgebildet.
In diesem Fall entschied sich E. bewußt für die Umkehrung: unscharfe Darstellung von H. – deutlicher Hintergrund (Parklandschaft).
Hier zum Vergleich nochmal in Schwarz/Weiß.
Noch ein TIPP.
Verzichtet auf den digitalen Zoom. Der verursacht eine schlechtere Bildauflösung. Tretet besser näher an das Motiv heran.
Hoffentlich habt Ihr eine Anregungen erhalten. Geht raus, sucht Euch interessante Plätze mit oder ohne Freund*innen, Selbstportrait mit Selbstauslöser oder gegenseitige Ablichtung.
Viel Spaß!
Im 2. Teil der Werkstatt geht es um das Traumbild / Trugbild, die Verfremdung der Portraits mit Bildbearbeitung und/oder Requisiten.
Der Arbeitskreis der Kommunalen Galerien Berlin lädt Sie herzlich zur siebten Ausgabe der KGB-Kunstwoche ein. Vom 28. August bis 6. September 2020 findet ein umfangreiches Programm statt, das in allen zwölf Berliner Bezirken Ausstellungen und Veranstaltungen bereithält.
Einen Einstieg in das vielfältige Angebot bieten fünf geführte Fahrradtouren. Das neue Veranstaltungsformat der KGB-Kunstwoche bringt Sie auf zwei Rädern zu nahezu allen teilnehmenden Galerien, in denen Galerieleiter*innen, Kurator*innen oder Künstler*innen durch die Ausstellungsräume führen und die Programmschwerpunkte vorstellen.
Die Fahrradtouren beginnen am 30.8.2020 um 12:30 bzw. 13:00 Uhr an der jeweils erstgenannten kommunalen Galerie, dauern ca. fünf Stunden und enden am Kunstraum Kreuzberg/Bethanien.
ich hoffe, ihr habt schon alle unsere tolle Ausstellung “BASTA!- Malerbücher und grafische Werke” von Felix Martin Furtwängler besucht, viele neue Ideen erhalten und Spaß gehabt und vielleicht sogar schon das Leporello gebastelt.
Alleine, mit Freunden oder mit der Familie – versucht euch an Teil 2 der Werkstatt:
Wir gestalten ein Buchobjekt aus alten aussortierten Büchern. Sicher findet ihr auch eines ganz hinten im Regal. Jüngere Bastler*innen wählen ein Taschenbuch, das ist nicht so schwer zu bearbeiten wie ein Hardcover. Daraus wollen wir einen Buchschnitt (Buchobjekt) zur Illustration eines Begriffs, in dem das Wort “BUCH” vorkommt, gestalten. Tagebuch, Taschenbuch, Buchstabensuppe, Bücherwurm, Buche, usw..
Ich habe mich für den frechen und verfressenen Wurm entschieden.
Manfred Paul: Ich bin ja eigentlich so von Natur aus kein Dokumentarist; habe mich aber dann eigentlich
während des Prozesses dann dazu entschlossen, dass eigentlich das Ereignis doch sehr bestimmend ist
und wollte eigentlich das Gefühl, was ich habe, versuchen mit Bildern irgendwie zu erklären.
Das war ja mehr eigentlich dass man so einen bestimmten Lebensraum hatte, der ja durch die
Mauer sehr stark beeinflusst wurde. Also das Verhalten, das Reagieren, es ging immer um Mauer,
irgendwo ist Schluss und darauf zu reagieren, was passiert eigentlich jetzt, wenn die weg ist.
Und dann wollte ich eben vor allen Dingen diese hier, die Kleinen, wollte ich auch auf diesem Papier bringen.
Und die Polaroids und die Panoramen und die Großen würden auf dem Papier kommen.
Annette Tietz: Manfred, du bist 1989, gleich nachdem die Mauer gefallen ist, losgegangen, um diese Situation zu fotografieren.
Die Mauer hat sich ja unmittelbar hinter deiner damaligen und heutigen Wohnsituation befunden, in der Ystarder Straße.
Was war für dich der Anlass? Manfred Paul: Eigentlich war ich erst mal am Anfang sehr irritiert, dass das stattfand
und hatte das eigentlich gar nicht so ernst genommen. Als ich dann aber begriffen habe,
dass da irgendwas fällt, was jahrelang als unzerstörbar galt, bin ich eigentlich losgegangen, erst noch gar
keine Vorstellung, was ich mache, sondern die Situation hat mich eigentlich beherrscht,
mehr oder weniger. Ich habe versucht dann auf die Situation zu reagieren und während des ganzen
Prozesses des Bildermachens sozusagen, eigentlich auch für mich irgendwie eine Idee zu entwickeln.
Aber das Ereignis war schon das Entscheidende erstmal.
Das war natürlich absurd, dass ich im Grunde als ich nach Berlin ging, weil ich an der Filmhochschule Kamera studieren wollte,
dann ausgerechnet in die Ystader Straße kam. In der Ystader Straße liefen eigentlich schon so eine Art Vorklärer. Also das waren Polizisten, die immer guckten, wer da so geht.
Und wenn man vom Lande kommt, wo man als Kind irgendwie über Berge laufen konnte, endlos, war das natürlich für mich irritierend,
dass es auf einmal Schluss war. Hier war zu Ende. Ja und so endgültig. Und es klang so, als ob die nie wegfällt.
Diese Discofotos, die Porträts, die würden jetzt so eine Größe haben. Die einen waren ja zu groß, die wir hatten. Und das wären jetzt die auf dieser Größe in den 50×60 Rahmen.
Annette Tietz: Also ich finde dieses Foto von dem Bahnhof Bornholmer Straße,
S-Sahn Bornholmer Straße, in diesem Zusammenhang ganz schön, weil mich das persönlich so berührt.
Das ist ja eine Situation, die man sich heute nicht mehr vorstellen kann.
Dass also hinter dem S-Bahnhof Schönhauser Allee in der S-Bahn die Türen zugemacht wurden,
Gas gegeben wurde und dann ist man durchs Niemandsland der Grenze durchgefahren
und in Pankow wurden die Türen wieder aufgemacht. S-Bahnhof Pankow.
Und in der Situation stand der Bahnhof damals und ich kenne den auch nur in dieser verlassenen Situation.
Annette Tietz: Du hast ja erst mit den Fotos angefangen mit der Plattenkamera und dann hast du später noch Polaroids gemacht.
Manfred Paul: Ja. Und da kam die Idee, eigentlich das mal auszuprobieren
und habe dann festgestellt, dass das eigentlich diese momentane Situation, die sich so schnell
verändert, eigentlich eine Möglichkeit wäre, um mit Polaroids das für mich festzuhalten.
Annette Tietz: Das sind ja eigentlich Notate.
Manfred Paul: ja das sind so wie Tagebucheintragungen. Und mich selbst dann auch zu verständigen, was da passiert
weil ich glaube, als Fotograf denkt man eigentlich mehr mit Bildern,
also nicht mit Worten und man versucht nicht wie Literaten das zu formulieren, sondern versucht
das über Bilder sich zu erklären. Und ich habe eigentlich immer versucht, mir mit Bildern meinen
Sinneseindruck zu erklären. Also meistens ist das Bild weiter vorn als nachher die Erklärung.
Annette Tietz: Die kommt dann hintendrein.
Annette Tietz: Wir kommen jetzt hier zum Schluss noch zu den Panoramen.
Welche technischen Möglichkeiten hast du dafür genutzt? Hast du die auch mit der Plattenkamera gemacht?
Manfred Paul: Ja, entstanden ist es eigentlich dadurch, dass ich gemerkt habe, dass irgendwas noch fehlt beim Arbeiten .
Und ich wollte eigentlich diese Unendlichkeit, die sich da durch so eine Landschaft zieht,
so eine Stadtlandschaft, die wollte ich versuchen darzustellen und in seiner Globalität.
Annette Tietz: Das ist ja auch wichtiger Aspekt, der dass Einzelfoto, den Ausschnitt nochmal ergänzt.
Manfred Paul: Wie einfach so eine Stadtlandschaft zerschnitten wird, geteilt wird.
Ich meine, als ich die anderen, da hatte ich immer das Gefühl, vorher war das
so wie ein Golem, der da so mächtig steht, dann liegt er dann auch auf der Erde und alle latschen drüber.
Und die Zeit, die wir in dahinter verbracht hatten, war auf einmal weg.
Das interessiert auch keinen mehr heute, wie wir das erlebt haben. Annette Tietz: Das war ja mit ein Anlass
auch diese Ausstattung so zu machen und zu zeigen oder nochmal Aufmerksamkeit darauf
zu lenken, wie die Situation für die diejenigen gewesen ist, die also wirklich im Osten gelebt haben.
Gerade diese Diskussion und die Debatte in den zurückliegenden Jahren ist ja sehr
westlich und sehr ideologisch bestimmt gewesen. Und es ist ja unser Leben gewesen
und wir haben ja auch eine eigene Perspektive darauf und ich sehe sehr stark eben auch diesen Blick.
Eugen Blume: Was wir feierlich bedenken sollen, so hört man, ist der Eintritt in die Freiheit. Was aber ist
das Wort Freiheit anderes als ein Begriff von äußerster Fragwürdigkeit, bei dem es
vor allem darauf ankommt, wer ihn im Munde führt. Man sollte denjenigen grundsätzlich misstrauen,
die Freiheit ohne Zögern und ohne utopisches Verlangen ausstreuen wie hohles Zuckerwerk.
Ausstellung vom 17. Juni bis 30. August 2020 Eröffnung am Dienstag, dem 16. Juni 2020, von 16 bis 22 Uhr Einführung: Annette Tietz, Leiterin der Galerie
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Einführung zur Ausstellung: Annette Tietz, Leiterin der Galerie
Die Ausstellung wird am Eröffnungstag von 16 bis 22 Uhr sowie zu den Sonderöffnungszeiten für die Besucher*innen unter Beachtung der Hygienevorschriften zugänglich sein. Die Einführung wird digital präsentiert.
Zur Ausstellung erscheint das Künstlerbuch Sinnphobie der Worte. A POETOMAR.
Nutzen Sie bitte auch unsere digitalen Angebote.
Felix Martin Furtwängler ist Maler, er ist Zeichner, er beherrscht und benutzt alle gängigen druckgrafischen Techniken. Sein Schaffen ist rastlos und maßlos in einem besten Sinne. Aus einer überbordenden Phantasie und dem Drang zum lustvollen Fabulieren heraus entstehen stetig neue Werkkomplexe, welche die technischen und handwerklichen Möglichkeiten eines Mediums ebenso austesten wie sie die einzelnen künstlerischen Ausdrucksformen verbinden und deren Grenzen auflösen. Aspekte und Elemente wie Klang, Rhythmus, Wort, Bild, Farbe und Form werden unkonventionell miteinander verwoben und in ihrem Zusammenspiel sinnlich wie intellektuell neu erfahrbar. Den grafischen Blättern und Zyklen Furtwänglers liegen eigene Texte oder (welt)literarische Vorlagen zugrunde und gehen mit diesen eine bildhafte Symbiose ein. Ein Kristallisationspunkt seines Schaffens sind die „Malerbücher“, die Furtwängler in ungewöhnlicher Personalunion als Künstler und Verleger herausgibt, ermöglicht durch sein handwerkliches und technisches Know-how. Seine Arbeitsweise zeichnet sich dabei weniger dadurch aus, dass in logischer Folgerichtigkeit Text und Bild in Kongruenz zueinander gebracht werden. Vielmehr geht er über die konventionelle Illustration eines Textes als bildliche Entsprechung eines Narrativs hinaus und verbindet die klassischen Bestandteile eines Buches wie Text, Bild und typografische Gestaltung zu einer Einheit gleichwertigen Ranges. Die Ausstellung BASTA! Malerbücher und grafische Werke präsentiert ausgewählte Malerbücher und Objekte von Felix Martin Furtwängler und sie gibt einen Einblick in das vielseitige grafische Werk des Künstlers.
Felix Martin Furtwängler (1954 in Karlsruhe geboren) studierte Werbegrafik an der Kunstschule Alsterdamm in Hamburg und wechselte 1972 nach Berlin an die Hochschule der Künste, wo er 1973/74 die Schule für Werkkunst und Mode, 1975/76 den Studiengang Produktdesign besuchte und von 1977 bis 1982 freie Malerei und Grafik studierte. 1982 war er Meisterschüler bei Gerhart Bergmann. Seither entsteht eine Vielzahl von Künstlerbüchern und Buchobjekten. Furtwängler realisiert viele Ausstellungen und zahlreiche seiner Werke sind in öffentlichen und privaten Sammlungen vertreten.
Mit freundlicher Unterstützung der Senatsverwaltung für Kultur und Europa Ausstellungsfonds Kommunaler Galerien