DRUCK _ SACHE
Tendenzen zeitgenössischer Druckgrafik
Dokumentation zur Ausstellung in der Galerie Pankow
vom 18. April bis 10. Juni 2018
9:06 Minuten / HD
Transkription des Videos
Also wenn man malt oder zeichnet,
ist das der Prozess, den man im Atelier alleine macht
und sobald man vielleicht in die Druckgrafik geht,
verlässt man ja sein Atelier und geht
in einen anderen Raum und die Anonymität
ist vorbei und dann wird das sozusagen ein Miteinander oft.
Und als ich anfing mit der Lithografie, dieser dicke Stein,
wo der sich bemühen muss, das zu schleifen.
Der schleift dann den großen Stein.
Und jetzt soll man auf diesen großen,
dicken Stein etwas Freies draufmachen.
Er wird abgespült und dann wird der Stein getrocknet
und dann kann er reingetragen werden und bezeichnet werden.
Lothar Böhme: Aber ich mache es gerne wegen eben dem
schönen Haus wir unterhalten uns über die heutigen Dinge.
Dann kommt man hin und dann ist da eine wunderbare Atmosphäre.
Und dann guckt man auf den Stein drauf und dann fängt man an.
Und je länger man das macht, wir machen das ja fast schon jahrelang,
verliert man die Scheu, das zu machen.
Steffen Tschesno: Und das ist auch für mich das Interessante zu sehen,
dass zwei Maler, wie unterschiedlich sie sozusagen
mit dem Medium Grafik umgehen. Der eine als zeichnerisches Medium
und der andere sieht es als malerisches Medium.
Und das geht in beiden Techniken. Und in anderen natürlich auch noch.
Auch im Holzschnitt kann man natürlich malerisch
arbeiten oder zeichnerisch arbeiten.
Und das finde ich oft sehr, sehr interessant.
Und über den Prozess, den Lothar
beschrieben hat und auch den Said beschrieben hat,
also dass das man sieht, dass also Said in seinen Arbeiten,
wo er Maler ist, also auch in der Druckgrafik,
egal ob in der Radierung oder auch in der Lithografie,
immer einen malerischen Ansatz hat in seinen Arbeiten
und bei Lothar und Anna ist es,
also vor allem bei der Radierung sieht man das,
eigentlich doch, dass sie auch in der Art arbeiten
wie sie auch zeichnen.
Annette Tietz: Das ist die Suche wieder nach dem Auratischen des Kunstwerk
und der Einmaligkeit des Bildes; das steckt dahinter.
Und das kann man durchaus also erzeugen,
in dem man sich mit dem Blatt Papier, der Druckplatte,
dem Stein auseinandersetzt. Die Möglichkeit
oder die Beschränkung des Materials annimmt
und innerhalb, also dieser Beschränkung, aber
auch wieder zur eigenen Formulierung findet.
Das war eigentlich die Überraschung zu sehen,
dass es so viele junge Künstler an
unterschiedlichen Hochschulen gab,
die sich der Technik wieder zugewandt haben.
Das war für mich erstens, interessant zu sehen und
zweitens, auch mal wichtig, einen Einblick in die
zeitgenössische Druckgrafik zu geben, weil es an
anderer Stelle so bislang nicht stattgefunden hat.
Anna Slobodnik: Die Druckgrafik macht so ganz andere Dinge
mit einem Bild während ich male.
Da das ein langsamer Werdeprozess ist, kann man eine
Druckgrafik natürlich auch sehr oft überarbeiten,
aber man druckt erst einmal
und man hat ein Produkt und dann kann man sich entscheiden,
möchte man weiter arbeiten.
Man hat immer dieses “fertig”, das ist ganz faszinierend.
Annette Tietz: Es ist sicherlich auch eine Rückbesinnung auf
eine Form von Kunst, die auch etwas mit Handwerk zu tun hat.
So im Sinne also des eigenen Herstellens
und des Könnens, was damit verbunden ist.
Da steckt ja sehr viel Können und vor allen Dingen
auch sehr viel Wissen dahinter,
was heute auch nur noch an wenigen Stellen weitergegeben
wird und an so einer Stelle ist es dann durchaus
auch von Relevanz, dass es noch Druckwerkstätten gibt,
also so die von Steffen Tschesno, das Lithografieatelier
und die solche Kenntnisse, dieses Wissen vermitteln und Künstler auch begleiten.
Said Baalbaki: Ich habe angefangen in Beirut vier Jahre nach
dem Ende des Bürgerkriegs. Das heißt in sehr
miserablen Zustand studiert und
wir waren 20 Leute gepresst in einen kleineren Raum als hier.
Wir hatten keine Druckwerkstätten, wir hatten nichts.
Und als ich nach Berlin kam, habe ich gesehen, was man für Luxus hier hatte.
Annette Tietz: Freie Druckgrafik spielt heute eigentlich
keine große Rolle in der zeitgenössischen Kunst.
Wird eigentlich nicht gehandelt, wird von der Wissenschaft,
also von der Kunstwissenschaft, nicht mit einem
besonderen Interesse wahrgenommen.
Das Überraschende daran ist, dass die Grafik trotzdem
existent ist und das sich insbesondere viele
jüngere Künstler den traditionellen Techniken
wieder zugewandt haben aus; unterschiedlichen Gründen.
Zum Einen um auch etwas Besonderes für sich zu finden,
in der Formulierung ihrer eigenen künstlerischen Ideen.
Und dem kommen druckgrafische Techniken offensichtlich also auch
ein Stückchen näher, mit der Möglichkeit des Experiments.
Das wird heute nicht mehr im Sinne
dieses klassischen Auflagendrucks, Druckgrafik, hergestellt.
Druckgrafik findet man heute sehr stark, nach wie vor,
im Zusammenhang mit der Entstehung von
Editionen, im Zusammenhang mit Büchern
und in Form von Unikaten, als experimentelle Arbeiten und
darin also durchaus gleichrangig zu Zeichnungen.
Annette Tietz: Aber es ist ein Interesse für die Technik da
und die Druckgrafik ist nach wie vor existent.
Die Techniken werden von vielen Künstlern genutzt;
zum Teil ausschließlich in ihrem künstlerischen Werk.
Es hat sich ein Wandel ergeben.
Said Baalbaki: Wenn ich über ein Projekt nachdenke,
dann denke ich direkt auch, was soll das Medium sein.
Soll ich mehr die Radierung einsetzen als die Lithografie
oder ist es ein Holzschnitt und all diese Aspekte.
Wenn man das noch nicht richtig vertieft hat,
dann kann man das nicht so schnell wissen.
Dann muss man auch die erfahrenen Leute nochmal fragen, dann ausprobieren
und das kostet alles auch Zeit, Aufwand und Geld.
Annette Tietz: Es entspricht der Aufgabe kommunaler Galerien,
Kunst zu zeigen, die der Markt nicht berücksichtigt
oder die nicht gehandelt wird. Und dazu
zählt Druckgrafik auf jeden Fall auch.
Beteiligte Künstlerinnen und Künstler:
Katharina Albers, Ayman Baalbaki, Said Baalbaki, Magdalena Beger, Lothar Böhme, Paula Carralero Bierzynska, Felix Martin Furtwängler, Agustín García, Dieter Goltzsche, Liat Grayver, Claas Gutsche, Konrad Henker, Hanna Hennenkemper, Philipp Hennevogl ,Horst Hussel, Gabriela Jolowicz, Mark Lammert, Wolfgang Leber, Kazuki Nakahara, Hans Scheib, Frank Sievers, Anna Slobodnik, Sebastian Speckmann, Strawalde, Genaro Strobel, Muriel Tauber, Eva Vent, Uta Zaumseil
Mit freundlicher Unterstützung durch die Senatsverwaltung für Kultur und Europa
Ausstellungsfonds Kommunaler Galerien