Ausstellung vom 20. Juni bis 28. Juli 2018
Eröffnung am Dienstag, dem 19. Juni 2018, 19 Uhr
Begrüßung: Annette Tietz, Galerieleiterin
Einführung: Matthias Flügge, Kunstwissenschaftler, Berlin
Zur Ausstellung erscheint eine Publikation.
Donnerstag, 28. Juni 2018, 19 Uhr: KlangFarbe
Punktierte Umgebungen
Akustischer Vortrag von Roswitha von den Driesch und Jens-Uwe Dyffort
Samstag, 28. Juli 2018, 17 Uhr: Finissage mit Künstlerfest
Musik: Niels Unbehagen und Jens Wohlrab am Klavier
Fünfzig Künstler*innen ehren in einer Ausstellung ihren einstigen Lehrer, den Maler Marwan. Die Ausstellung erinnert und würdigt nicht nur einen herausragenden Künstler, sondern auch einen Lehrer, dessen menschliche, geistige wie künstlerische Konsistenz nachhaltig in den Werken einer jüngeren Generation präsent ist.
Es ist bekannt, dass hervorragende Künstler nicht notwendigerweise immer auch hervorragende Mentoren sind. Dass Marwan in höchstem Maße beides verkörpert, wird in dieser Ausstellung und der vorliegenden Publikation auf oftmals berührende Weise bewusst.
Alle fünfzig beteiligten Künstler*innen begingen und begehen einen ganz eigenen Weg, halten – unter welchen Lebensumständen auch immer – an diesem Weg fest und haben ihr Werk zu einer überzeugenden künstlerischen Position entwickelt, die – weit entfernt von epigonalen Attitüden – eine jeweils individuelle Ausdrucksform verkörpert. Was diese Positionen – bei aller Heterogenität – eint, ist eine spürbar konsistente Haltung, eine obsessive Suche nach dem Existentiellen und Humanen in der Welt und die daraus resultierenden Versuche, dem Gestalt und Gestaltung zu geben. Dieses Anliegen findet sich in Marwans eigenem künstlerischen Werk und geht zugleich weit über das rein Künstlerische hinaus.
So wie Marwans Köpfe eine ganze, vielschichtige Welt bedeuten, so entsteht aus den versammelten Werken der Schüler*innen, ihren Stimmen und Stimmungen ebenso wie aus den Gesprächen, Erinnerungen, Korrespondenzen ein weiteres, hochkomplexes Bild des Menschen und Künstlers Marwan. Dieses Bild ist nicht das eines allmächtigen oder erdrückenden Vorbildes, es erscheint vielmehr wie eine leise Melodie, wie ein buntes Licht spendender Schatten, wie eine magische Kraft oder – wie ein anfeuernder Schutzengel.
Beteiligte Künstlerinnen und Künstler:
Gülden Artun, Werner Aufenfehn, Ayman Balbaaki, Said Balbaaki, Carola Bark, Heather Betts, Ingmar Bruhn, Claudia Busching, Giorgio Casari, Claudia Chaseling, Beate Daniel, Michelle de Matas, Tom Drake Bennett, Rene´ Faber, Julia Freyer, Ina Geißler, Danisa Glusevic Ferreira, Harriet Groß, Heike Lydia Grüß, Karolin Hägele, Christian Hoffmann, Katharina Ismer, Ali Kaaf, Janos Kachelmann, Sascha Kürschner, Robert Lucander, Elisabeth Luchesi, Christin Lutze, MARWAN, Teresa Mazuela, Susan E. McKinley, Silvia Nettekoven, Uschi Niehaus, Martin Pfahler, Frank Pieperhoff, Daniela Pukropski, Eva Räder, Susanne Rosin, Salah Saouli, Alexander Schellow, Uwe Schmidt, Maike Schröder, Tatjana Schülke, Barbara Schwithal-Diekmann, Matthäus Thoma, Jens Umlauf, Corinna Weiner, Karsten Wittke, Jens Wohlrab, Frank Michael Zeidler
Also wenn man malt oder zeichnet, ist das der Prozess, den man im Atelier alleine macht
und sobald man vielleicht in die Druckgrafik geht, verlässt man ja sein Atelier und geht
in einen anderen Raum und die Anonymität ist vorbei und dann wird das sozusagen ein Miteinander oft.
Und als ich anfing mit der Lithografie, dieser dicke Stein,
wo der sich bemühen muss, das zu schleifen. Der schleift dann den großen Stein.
Und jetzt soll man auf diesen großen, dicken Stein etwas Freies draufmachen.
Er wird abgespült und dann wird der Stein getrocknet und dann kann er reingetragen werden und bezeichnet werden.
Lothar Böhme: Aber ich mache es gerne wegen eben dem schönen Haus wir unterhalten uns über die heutigen Dinge.
Dann kommt man hin und dann ist da eine wunderbare Atmosphäre.
Und dann guckt man auf den Stein drauf und dann fängt man an.
Und je länger man das macht, wir machen das ja fast schon jahrelang, verliert man die Scheu, das zu machen.
Steffen Tschesno: Und das ist auch für mich das Interessante zu sehen, dass zwei Maler, wie unterschiedlich sie sozusagen
mit dem Medium Grafik umgehen. Der eine als zeichnerisches Medium und der andere sieht es als malerisches Medium.
Und das geht in beiden Techniken. Und in anderen natürlich auch noch.
Auch im Holzschnitt kann man natürlich malerisch arbeiten oder zeichnerisch arbeiten.
Und das finde ich oft sehr, sehr interessant.
Und über den Prozess, den Lothar beschrieben hat und auch den Said beschrieben hat,
also dass das man sieht, dass also Said in seinen Arbeiten, wo er Maler ist, also auch in der Druckgrafik,
egal ob in der Radierung oder auch in der Lithografie, immer einen malerischen Ansatz hat in seinen Arbeiten
und bei Lothar und Anna ist es, also vor allem bei der Radierung sieht man das,
eigentlich doch, dass sie auch in der Art arbeiten wie sie auch zeichnen.
Annette Tietz: Das ist die Suche wieder nach dem Auratischen des Kunstwerk und der Einmaligkeit des Bildes; das steckt dahinter.
Und das kann man durchaus also erzeugen, in dem man sich mit dem Blatt Papier, der Druckplatte,
dem Stein auseinandersetzt. Die Möglichkeit oder die Beschränkung des Materials annimmt
und innerhalb, also dieser Beschränkung, aber auch wieder zur eigenen Formulierung findet.
Das war eigentlich die Überraschung zu sehen, dass es so viele junge Künstler an
unterschiedlichen Hochschulen gab, die sich der Technik wieder zugewandt haben.
Das war für mich erstens, interessant zu sehen und zweitens, auch mal wichtig, einen Einblick in die
zeitgenössische Druckgrafik zu geben, weil es an anderer Stelle so bislang nicht stattgefunden hat.
Anna Slobodnik: Die Druckgrafik macht so ganz andere Dinge mit einem Bild während ich male.
Da das ein langsamer Werdeprozess ist, kann man eine Druckgrafik natürlich auch sehr oft überarbeiten,
aber man druckt erst einmal und man hat ein Produkt und dann kann man sich entscheiden,
möchte man weiter arbeiten. Man hat immer dieses “fertig”, das ist ganz faszinierend.
Annette Tietz: Es ist sicherlich auch eine Rückbesinnung auf eine Form von Kunst, die auch etwas mit Handwerk zu tun hat.
So im Sinne also des eigenen Herstellens und des Könnens, was damit verbunden ist.
Da steckt ja sehr viel Können und vor allen Dingen auch sehr viel Wissen dahinter,
was heute auch nur noch an wenigen Stellen weitergegeben wird und an so einer Stelle ist es dann durchaus
auch von Relevanz, dass es noch Druckwerkstätten gibt, also so die von Steffen Tschesno, das Lithografieatelier
und die solche Kenntnisse, dieses Wissen vermitteln und Künstler auch begleiten.
Said Baalbaki: Ich habe angefangen in Beirut vier Jahre nach dem Ende des Bürgerkriegs. Das heißt in sehr
miserablen Zustand studiert und wir waren 20 Leute gepresst in einen kleineren Raum als hier.
Wir hatten keine Druckwerkstätten, wir hatten nichts.
Und als ich nach Berlin kam, habe ich gesehen, was man für Luxus hier hatte.
Annette Tietz: Freie Druckgrafik spielt heute eigentlich keine große Rolle in der zeitgenössischen Kunst.
Wird eigentlich nicht gehandelt, wird von der Wissenschaft,
also von der Kunstwissenschaft, nicht mit einem besonderen Interesse wahrgenommen.
Das Überraschende daran ist, dass die Grafik trotzdem existent ist und das sich insbesondere viele
jüngere Künstler den traditionellen Techniken wieder zugewandt haben aus; unterschiedlichen Gründen.
Zum Einen um auch etwas Besonderes für sich zu finden, in der Formulierung ihrer eigenen künstlerischen Ideen.
Und dem kommen druckgrafische Techniken offensichtlich also auch ein Stückchen näher, mit der Möglichkeit des Experiments.
Das wird heute nicht mehr im Sinne dieses klassischen Auflagendrucks, Druckgrafik, hergestellt.
Druckgrafik findet man heute sehr stark, nach wie vor,
im Zusammenhang mit der Entstehung von Editionen, im Zusammenhang mit Büchern
und in Form von Unikaten, als experimentelle Arbeiten und darin also durchaus gleichrangig zu Zeichnungen.
Annette Tietz: Aber es ist ein Interesse für die Technik da und die Druckgrafik ist nach wie vor existent.
Die Techniken werden von vielen Künstlern genutzt;
zum Teil ausschließlich in ihrem künstlerischen Werk. Es hat sich ein Wandel ergeben.
Said Baalbaki: Wenn ich über ein Projekt nachdenke, dann denke ich direkt auch, was soll das Medium sein.
Soll ich mehr die Radierung einsetzen als die Lithografie oder ist es ein Holzschnitt und all diese Aspekte.
Wenn man das noch nicht richtig vertieft hat, dann kann man das nicht so schnell wissen.
Dann muss man auch die erfahrenen Leute nochmal fragen, dann ausprobieren und das kostet alles auch Zeit, Aufwand und Geld.
Annette Tietz: Es entspricht der Aufgabe kommunaler Galerien, Kunst zu zeigen, die der Markt nicht berücksichtigt
oder die nicht gehandelt wird. Und dazu zählt Druckgrafik auf jeden Fall auch.
Beteiligte Künstlerinnen und Künstler: Katharina Albers, Ayman Baalbaki, Said Baalbaki, Magdalena Beger, Lothar Böhme, Paula Carralero Bierzynska, Felix Martin Furtwängler, Agustín García, Dieter Goltzsche, Liat Grayver, Claas Gutsche, Konrad Henker, Hanna Hennenkemper, Philipp Hennevogl ,Horst Hussel, Gabriela Jolowicz, Mark Lammert, Wolfgang Leber, Kazuki Nakahara, Hans Scheib, Frank Sievers, Anna Slobodnik, Sebastian Speckmann, Strawalde, Genaro Strobel, Muriel Tauber, Eva Vent, Uta Zaumseil
Mit freundlicher Unterstützung durch die Senatsverwaltung für Kultur und Europa Ausstellungsfonds Kommunaler Galerien