Dokumentation zur Ausstellung
Kurt Buchwald: Limes Mundi – Die Umkehrung der Sicht | Fotografie
September bis 28.Oktober 2018 in der Galerie Pankow
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5:54 Minuten / HD
Transkription des Videos
Kurt Buchwald: Das Spiel mit der Wahrnehmung
ist eigentlich ganz wichtig.
Ich zähle ja zur Wahrnehmung eine ganze Menge.
Dass man hier natürlich bloß Fotos sieht, ist eine andere Sache.
Also für mich war ja auch der Körper mal zum Anfang sehr interessant;
dass ich mich sozusagen ins Bild begebe, körperlich
und dann davon Aufnahmen mache. Und das war sozusagen für mich
ein Beobachten dessen, was man macht, durch ein anderes Medium.
Das Problem ist ja immer der Erkennbarkeit der Welt.
Und mit dem Rohr wird es eben soweit interessant, da die Grenze,
deswegen heißt die Ausstellung ja auch „Limes Mundi“,
die Grenze eng gezogen wird.
Wir bewegen uns in der Wahrnehmung in einer engen Grenze.
Und das Rohr verkörpert diese Grenze.
Deswegen heißt die Serie ja auch „Im Kreis der Wahrnehmung“
und da fällt nur noch ganz wenig Licht rein.
Wenn ich das Rohr ein bisschen anhebe, kommt von dieser Seite Licht rein.
Das ist man nicht gewohnt. So hat man den Gegenstand noch nie gesehen.
Und so wird dieser Gegenstand völlig anders interpretiert
und so funktioniert eben unsere Wahrnehmung.
Das ist eine Konstruktion. Das Gehirn überlegt immer, was kann es sein,
versucht das abzugleichen und da findet es irgendwie was.
Und dann denkt man: das ist das, aber wenn man dann ein bisschen
rationell dann ran geht, also mit Wissen sozusagen über die Dinge,
dann kommt man zu dem was man da eigentlich sieht.
„Der Observator“ ist eine Weiterentwicklung der „OM Station“.
Das war eine Beobachtungsstation,
die ich im Ruhrgebiet mal aufgestellt habe zum Festival.
Und ich glaube dann so paar Jahre später
hatte ich die Einladung nach Slubice zum
Festival von Miloszy Olek (?) und dachte mir,
ich könnte da so eine Beobachtungssituation
zwischen Polen und Deutschland installieren.
Ich habe mich dann entschieden für eine mobile Station,
die man sozusagen rumfahren kann.
Also die man von Polen nach Deutschland schafft
und wieder umgekehrt.
Damals war ja noch die Grenze
kontrolliert, das heißt wir mussten durch
die Grenzkontrolle durch mit dem Observator.
Und die Observation, oder sagen wir mal,
das Beobachten, ist ja eigentlich ein altes Thema von mir.
Denn wenn ich sozusagen fotografiere oder ein Film mache,
ist ja automatisch eine Beobachtungssituation
und auch eine Observationssituation.
Und ich habe mir mal Gedanken gemacht,
ja was es ist denn so das Medium Fotografie.
Was gibt es denn da so für Hintergründe und für Möglichkeiten.
Und da ist natürlich die Observation eine ganz interessante Geschichte.
Man muss sich da eigentlich im Klaren sein,
dass objektive Wahrnehmung ganz schwierig zu realisieren ist.
Und der Fotograf kommt an, macht ein Bild und sagt,
das ist die Wahrheit. Das kann es aber nicht sein.
Also ich sagte ja schon vorhin, dass ich so die Empfindung habe,
dass die Wahrheit eine Konstruktion ist.
Und die ist ja nicht bloß eine Konstruktion,
sondern sie ist auch eine Machtfrage.
Deswegen habe ich auch noch andere Erfahrungen gemacht.
Die ist natürlich aus dem Osten gekommen,
dass die Behörden natürlich auch solche
Leute sind die natürlich behaupten,
dass es so und so und so ist, es ist aber nicht so.
Ich hatte auch „fotografieren verboten“ gemacht
und da habe ich die Leute auch damit sehr irritieren können.
Und wenn ich dann sozusagen als Amtsperson aufgetreten bin,
ich sage: ich untersage hier von Amts wegen das Fotografieren,
dann haben die Leute das auch akzeptiert.
Und deswegen habe ich dieses Amt für Wahrnehmungsstörung
1993 gegründet und heute sind wir ja ziemlich nahe dran
mit diesen ganzen Fakes, die überall ablaufen.
Kurt Buchwald: Ich habe so eine Ader für obskure Sachen
oder wo ich sozusagen ein Antiporträt mache,
weil die Blende sozusagen den
Zugriff auf die Person verweigert.
Also da muss man sich wirklich fragen,
ist das noch ein Porträt oder was passiert da eigentlich.
Oder warum mach ich jetzt so ein Porträt
oder warum könnte ich jetzt so ein Porträt machen.
Und es findet ja nicht nur bei mir statt,
so eine Veränderung der Porträtsituation.
Man sieht sieht es ja auch bei Kollegen
in den letzten Jahren, dass das
immer mehr relativiert wird.
Also das wo man sagt,
ja das ist so eine humanistische Auffassung.
Man muss den Menschen sehen und alle in total;
das tritt immer mehr zurück.
Kurt Buchwald: Ja ich habe mich immer für Philosophie interessiert, für Geschichte.
Da ist die Fotografie dann eben doch ein Mittel sozusagen.
Wie wenn ich etwas auf schreiben würde, wo ich mich dann
weiter unterhalten kann, wo ich auch was festhalte.
Mit einem Foto kann man ja noch wieder was machen.
Das holt man heraus, betrachtet man wieder,
man findet wieder neue Sachen dazu.
Und die Frage ist ja auch, wenn ich was anschaue,
wie schaue ich das an und
wie interpretiere ich das Ergebnis.